Donnerstag, 2. Mai
Berger hatte sich gegen acht Uhr dreißig abgemeldet, um le Sauvage abzuholen und mit ihm seine Tour durch die bretonische Hehlerwelt zu starten. Kommissar Berteau fand es an der Zeit, sich einmal mit der "Assurance de la Culture Bretonne" zu befassen, jener merkwürdigen Versicherungsgesellschaft, die in allen neun Fällen des Verschwindens alter Meister den Schaden zu tragen hatte.
Er wunderte sich etwas über das Gebaren der Gesellschaft. Sie hatte in allen bisher abgewickelten Fällen ohne jedes Klagegeheul gezahlt, was bei den Schadenssummen an sich schon ungewöhnlich war. Nicht nur das, die Versicherung schien auch keinen gesteigerten Wert auf die Aufklärung der Diebstähle oder auf die Wiederbeschaffung der Bilder zu legen. Sie ließ offensichtlich weder durch eigene Detektive ermitteln, was andere Versicherungen schon beim ersten Fall gemacht hätten, noch drängte sie bei der Polizei auf etwaige Fortschritte.
Der Kommissar hatte sich noch am Vortag einen Termin bei Monsieur Soutif, dem Leiter der örtlichen Niederlassung der Assurance, geben lassen. Von einem Taxi ließ er sich zum Boulevard Edouard Herriot im Norden der Stadt hinausbringen. Seine Abneigung gegen die Fahrbereitschaft des Commissariats Central war um keinen Deut geringer geworden.
Caesar Soutif war der Idealtyp des smarten Versicherungsmanagers, von Kopf bis Fuß durchgestylt. Haarspraygefestigte Frisur, glattrasiertes Kinn, zweireihiger Nadelstreifenanzug, korrekter Schlips, dezentes Rasierwasser und Zahnpasta-Reklamelächeln, ganz jene Art von Vertreter, der einem armen Bauern eine Melkmaschine verkauft und dafür die einzige Kuh in Zahlung nimmt.
Berteau rümpfte innerlich die Nase, passte sich äußerlich aber ohne zu zögern dem ölig-jovialen Gehabe des anderen an. Sie tauschten einige Minuten belanglose Höflichkeiten aus, ehe Berteau zur Sache kam.
"Monsieur Soutif", begann er seine Befragung, "ich wundere mich ein wenig über das Verhalten der Assurance de la Culture Bretonne in der Angelegenheit der verschwundenen alten Meister. Interessanterweise waren für den Transport zu den neuen Besitzern alle neun Bilder bei Ihrer Gesellschaft versichert, und ebenso interessant ist es, daß in allen Fällen die Assurance gezahlt hat, ohne mit der Wimper zu zucken."
Soutif unterbrach ihn: "In acht Fällen bisher, Commissaire, in acht, um präzise zu sein. Beim neunten Fall sind die erforderlichen Fristen noch nicht abgelaufen, nach denen das Bild als unwiederbringlich verloren gilt."
"Nun, wie dem auch sei", Berteau winkte gelangweilt ab, " ihrer Gesellschaft muß in diesem Zusammenhang ein Schaden von mindestens fünfzehn Millonen Francs entstanden sein, und für den Betrag muß ein alter Fischer lange angeln. Wenn nun die Assurance eigene Ermittlungen anstellen würde, weil ihr die Polizei zu langsam arbeitet, fände man das als normal. Aber, nichts dergleichen geschieht.
Mehr noch, eine Gesellschaft, die sich ausschließlich auf Kulturgüter spezialisiert hat, muß zwar kapitalkräftig, kann aber auch nicht die Größte am Markt sein. Man könnte annehmen, irgendwer versucht Ihre Gesellschaft zu ruinieren. Aber das Management zeigt nicht die geringste Nervosität, so daß ich vermute, daß die Gefahr nicht besteht. Können Sie mir das erklären?"
Soutif lächelte überheblich: " Nun Monsieur le Commissaire, die Gefahr, daß uns jemand an die Wand drückt, besteht nicht. Sehen Sie, das liegt an der Firmenstruktur. Die, zugegebenermaßen kleine Aussurance de la Culture Bretonne ist eine 100 % Tochter der allgemeinen Assurance Bretonne, und die hat eine Bilanzsumme von mehr als zweihundert Milliarden Francs. Vor diesem Hintergrund ist ein Verlust von fünfzehn oder zwanzig Millionen geradezu ein Klacks, Peanuts, wie ein deutscher Bankchef zu sagen pflegt. Der Assurance stehen als Anteils-
eigner kapitalkräftige Leute vor. Vierzig Prozent des Stammkapitals hält der Comte de Kergac, dreißig der bretonische Kulturverein."
"Hinter dem wieder der Comte de Kergac steckt", unterbrach ihn Berteau, " sagen Sie, wieviel Anteile hat der Comte nun denn wirklich?"
"Nun", Soutif wiegte den Kopf, "sagen wir mal, er selbst besitzt eine Sperrminorität, das heißt, ohne seinen Segen geht gar nichts."
Berteau war kein Wirtschaftsfachmann und hielt die Antwort deswegen für unbefriedigend. "Und weiter?", bohrte er nach.
Der Manager schien einen Moment irritiert: "Was weiter? Ach so, Sie meinen die weiteren Anteilseigner! Den Rest hält je zur Hälfte die Banque de France und eine große Deutsche Versicherungsgesellschaft. Und was eventuelle Verluste betrifft, so ist die Assurance nätürlich bei einer Schweizer Rückversicherungsgesellschaft abgesichert. In dem Rahmen, in dem wir uns bewegen, besteht also keine Gefahr für die Gesellschaft."
Berteau hatte das unbestimmte Gefühl, daß er die Firmenstruktur nur deshalb aufgelistet bekam, damit er wußte, mit wem er sich gegebenenfalls anlegte, sollte er sich allzu intensiv mit der Gesellschaft befassen. Seine Neugier war geweckt.
"Und außerdem, in unserem Falle, haben wir ja als Gegenwert für die ausgezahlten Beträge die Bilder......", Soutif zögerte, biß sich auf die Unterlippe und fügte dann hastig hinzu: "sofern sie denn wieder auftauchen sollten."
"Wieso das denn?", Berteau hatte das Zögern bemerkt und war hellhörig geworden.
Soutif beeilte sich sichtlich mit einer Erklärung: "Sehen Sie, das liegt an der Natur unserer Verträge. Sie besagen, daß der Eigentümer eines gestohlenen Kulturguts seinen Anspruch an dem Versicherungsgegenstand verliert, ist er erst einmal abgefunden. Taucht ein Stück wieder auf, nachdem die Versicherungssumme ausbezahlt ist, geht es in den Besitz der Gesellschaft über."
Berteau stieß einen anerkennenden Pfiff aus: "Und was macht die Assurance mit dem solchermaßen erworbenen Besitz?"
Soutif zuckte mit den Schultern: "Sie verkauft ihn zum Marktwert. Und ehe Sie sich die Information anderswoher holen: Der Bretonische Kulturverein hat ein vertragliches Vorkaufsrecht!"
Berteau hob abwehrend beide Hände: "Und für den wird natürlich wieder der Comte de Kergac tätig! Oder umgekehrt. Ich habe es bisher vermieden, mich dem Herrn zu nähern und kenne nur seinen Bruder, diesen windigen Advokaten. Aber auf seine Art scheint der Comte nicht besser zu sein. Ich glaube, es ist an der Zeit, daß ich seine Durchlaucht endlich kennen lerne."
Berteau erhob und verabschiedete sich. Auf dem Weg zur Tür drehte er sich noch einmal um und zeigte auf Soutifs Telephon. "Sollten Sie jetzt gleich mit Ihrem obersten Brötchengeber telephonieren, so bestellen Sie ihm, daß ich ihn heute nachmittag in seinem Wasserschloß aufsuchen werde. Uns daß ich wünsche, daß er anwesend und zu sprechen sei.!"
Er grinste spöttisch anzüglich und ließ Soutif mit offenem Mund zurück. Erst im Vorzimmer fiel ihm auf, was er bei der Ankunft gar nicht registriert hatte. Die Sekretärin Soutifs war ein Sekretär, ein herausgeputzes Jüngelchen mit affigen, weibischen Manieren, der auf Berteaus Bitte hin mit spitzen Fingern zum Telephon griff, um ihm ein Taxi zu rufen.
Berteau nahm an, daß das Sekretärlein seinen Chef nicht nur auf Geschäftsreisen begleitete. Na ja, wennŽs Spaß macht!
*****
Als er aus dem Gebäude der Assurance trat, war von Taxi noch nichts zu sehen. Zwei Häuser weiter war ein Zeitschriftengeschäft, und so riskierte er es, vor Eintreffen des Wagens noch eine Ouest France zu erstehen. Als er den Laden wieder verließ, fuhr vor der Versicherung das Taxi vor. Berteau beschleunigte seine hundertzwanzig Kilo auf das, was er für einen flotten Sprint hielt. Bei dem Wagen angekommen, öffnete er den Fond und ließ sich ächzend in die Polster sinken.
Bei dem Taxifahrer geriet er jedoch an den Falschen. "Non, Monsieur, ich bin nicht frei! Ich habe eine reservierte Fahrt für einen Kunden aus der Assurance. Bitte steigen Sie sofort aus. Wenn Sie ein Taxi benötigen, dann rufen Sie sich selbst eines! Dort ist eine Telephonzelle!"
Alle Beteuerungen des Kommissars, das habe schon seine Richtigkeit und er sei der Kunde von der Assurance und er habe sich nur schnell eine Zeitung besorgt, nutzten ihm gar nichts. Nein, meinte der Fahrer, die Assurance sei da, und von da erwarte er seinen Fahrgast. Berteau sei jedoch von dort gekommen, und wenn jemand dort ein Taxi wolle, könne er es ja auch dort hinbestellen. Mit solchen, sich vordrängelnden Kunden habe man nichts als Ärger.
Als Berteau sich anschickte, energisch zu werden, zog der Fahrer mit einigen deftigen Bretonischen Kraftworten den Zündschlüssel ab, stieg aus und erklärte, er würde sich ohne Klärung durch jemanden von der Assurance keinen Meter von der Stelle bewegen.
Berteau kochte, aber er hatte keine Wahl, er mußte den pomadigen Sekretär nach draußen bitten, um die Situation zu klären. Dem Taxifahrer war sein Fauxpas nicht im Mindesten peinlich. Endlich über seinen Irrtum aufgeklärt, knurrte er: "Na bitte, geht doch!" und klemmte sich hinter sein Steuer. Berteau gab einige Laute von sich, die an das Grollen eines aufziehenden Gewitters erinnerten.
Er zwängte sich wieder in den Wagen und nannte das Commissariat Central als Fahrtziel. Dann zog er seine Zeitung hervor und suchte sie nach dem Artikel ab, den er gestern mit dem Redakteur vereinbart hatte.
Hercule Monpas hatte ganze Arbeit geleistet und eine halbe Seite in der Ouest France mit Beschlag belegt. Nebeneinander prangten drei Bilder auf der Kulturseite: Le Sauvage und sein <la
Tempête>, in der Mitte etwas kleiner der Petrus von Ste. Anne la Palud und rechts ein Konterfei von Berteau, das diesen an einer wohlgedeckten Tafel zeigte. Der Teufel mochte wissen, wo der Redakteur diese Aufnahme her hatte.
Was den Textteil des Artikels betraf, so hatte Monpas unglaublich dick aufgetragen, ein gnadenloser Verriß. Wäre Berteau als Schauspieler ein Opfer einer derart unflätigen Rezension gewesen, er hätte wohl kaum eine andere Wahl gehabt, als sich in der Beleuchterbühne seines Theaters zu erhängen.
Auch wenn er den Artikel selbst bestellt hatte, so beschloß er insgeheim, beim nächsten gemeinsamen Essen, Monpas als Vorspeise die gesamte Ausgabe der Zeitung in den Hals zu stopfen. Immerhin enthielt das Pamphlet alle von Berteau gewünschten Einzelheiten.
Im Commissariat angekommen, rief er die Ouest France an und ließ sich mit Monpas verbinden. Dieser zeigte sich erfreut über den Anruf, konnte aber eine gewisse Häme in der Stimme nicht verbergen: "Monsieur le Commissaire, ich habe Ihren Anruf erwartet. Ich hoffe, Sie haben unsere Zeitung heute schon gelesen und sind mit meinem Artikel zufrieden. Leider ist die Geschichte heute nur im Departement Morbihan erschienen, die anderen Lokalredaktionen haben mir aber versprochen, die Sache morgen zu bringen. Manchmal ist es einfach ein wenig schwierig, kurzfristig eine halbe Seite freizumachen, auch wenn die Story noch so gut ist."
Berteau knurrte wie ein gereizter Wachhund. "Gut, gut," , bellte er in die Sprechmuschel seines Handys, "Ihr Machwerk enthält alle abgesprochenen Details und noch ein paar mehr. Aber gar so dick hätten Sie ja nun auch wieder nicht auftragen müssen. Wo haben Sie übrigens das Bild von mir her?"
Der Redakteur quietschte vor Vergnügen: "Monsieur le Commissaire, wer mit Hercule Monpas im "Republique" tafelt, der ist hierzulande sozusagen eine Person des öffentlichen Lebens. Da riskiert man schon mal, daß man von einem Bildreporter aufgenommen wird. Eigentlich nur schade, daß ich die Layouter bitten mußte, mich selbst aus Platzgründen aus der Aufnahme herauszuschneiden. Ansonsten sollte die Sache ja echt wirken, wie Sie selbst festgestellt haben."
Berteau gab sich geschlagen: "Hören Sie, ich würde sie gerne zu McDonnalds auf eine Portion Pommes-Frites einladen. Ich brauche einige Informationen über den Bretonischen Kulturverein und seine Hintermänner, und ich denke, Sie als Kulturredakteur sollten eine geeignete Quelle sein!"
Aus dem Handy klang etwas, was entfernt an das Schnattern einer Wildente erinnerte. Berteau vermutete, daß dies bei Monpas die Art war, sein Entsetzen gegen ein derart perfides Angebot auszudrücken.
"Monsieur", antwortete Monpas nach einer Schrecksekunde, "Oui, zu Ihrer Feststellung, was den Kulturverein betrifft. Selbstverständlich könnte ich Ihnen da mit Auskünften dienen, habe ich doch die Ehre, in diesem Verein das Protokoll zu führen. Non, zu Ihrer , hoffentlich nicht ernst gemeinten, Einladung . Ich fürchte, das wird nicht gehen. Ich habe heute noch einen wichtigen Termin....."
"....im "la Republique", ich ahne es.", Berteau stellte für sich selbst fest, daß er die unschöne Angewohnheit entwickelte, andere Leute in ihrer Rede zu unterbrechen. Aber er hatte das Gefühl, in diesem dubiosen Fall eigentlich langsam genug veralbert geworden zu sein. "Nun gut, vergessen Sie es. Ich wollte sowieso eher Informationen über den Comte de Kergac, aber diese möglichst von einer neutralen Person und nicht von einer, die offensichtlich mit dem Comte kungelt. Au revoir, Monsieur Monpas, einen schönen Tag noch." Berteau schaltete sein Handy ab und ließ am anderen Ende der Verbindung einen verdutzen Redakteur zurück.
Ein Blick auf den Gezeitenkalender belehrte Berteau darüber, daß es am Nachmittag nicht möglich war, zu Fuß zum Fort Bloqué hinüber zu marschieren. Nachdem er sich nicht der Gnade des Gräflichen Faktotums aussetzen wollte und er seinem Besuch sowieso einen offiziellen Anstrich zu geben gedachte, rief er die Küstenwache an und vereinbarte, daß ihn gegen vierzehn Uhr ein Polizeiboot am Fischereihafen aufnehmen und zum Fort hinüberbringen sollte.
Er aß in der Kantine des Commissariats zu Mittag, und die Qualität des Essens war auch nicht dazu angetan, seine Laune zu verbessern. Zwischen Hauptgang und Dessert klingelte zu allem Überfluß auch noch sein Handy, was ihm vorwurfsvolle Blicke der anderen, in der Kantine anwesenden Kollegen einbrachte.
Berteau meldete sich gereizt. Es war Berger, der anrief, um einen Zwischenbericht abzugeben. Er hatte mit le Sauvage mittlerweile drei Adressen in Loudéac und Lamballe aufgesucht, ohne erkennbaren Erfolg allerdings. Jetzt waren sie unterwegs über St.Gueltas und Matignon nach Dinard und beabsichtigten, im Vorbeifahren auch die Bucht von St. Briac zu besichtigen. Ansonsten maulte Berger etwas über die Langweiligkeit des Auftrages. Sein Fahrgast habe den ganzen Tag über noch keine drei Sätze gesprochen und brüte nur finster vor sich hin.
Berteau bemitleidete ihn mäßig. Er gab Anweisung für den Fall, daß der Wilde die Bucht wiedererkennen sollte. Dann sollte Berger die Aktion Hehlersuche vorläufig abbrechen und zurückkehren. Er, Berteau, beabsichtigte dann, sein Standquartier nach St.Malo zu verlegen, um von dort aus eine Observation der Ile oubliée zu organisieren.
Er beendete das Gespräch und schob sein Dessert angewidert von sich. Es handelte sich um leicht matschige Erdbeeren mit lieblos daraufgeklatschter Schlagsahne. Er verließ die Kantine und machte sich auf den Weg zum Fischereihafen.
Am Quai de Rohan kam er an einer Buchhandlung vorbei, und warf im Vorbeigehen einen gelangweilten Blick in die Auslage, blieb dann aber interessiert stehen. Ein Fenster war ausschließlich mit einer Sammlung von Büchern von Maurice Leblanc dekoriert, überwiegend mit diesen unsäglichen Arsène-Lupin-Geschichten. Er betrachtete die Auslage genauer und entdeckte unter anderem auch ein Exemplar des "Geheimnis der dreißig Särge". Einem spontanen Impuls folgend betrat er das Geschäft und erstand das Buch.
Das Polizeiboot wartete bereits auf ihn, und er ging an Bord. Der Kommandant begrüßte ihn und teilte ihm mit, daß die Überfahrt etwa eine Stunde dauern würde. Die Besatzung des Bootes warf ihm mitleidige Blicke zu. Berteau konnte daran erkennen, daß die Kollegen an diesem Tage schon Zeitung gelesen hatten. Da er nicht die geringste Lust zu einer Diskussion hatte, lehnte er sich am Heck des Bootes gegen die Reling, zog "Das Geheimnis der dreißig Särge" aus der Tasche und blätterte darin.
Ihm wurde nach wenigen Minuten klar, daß er dieses Buch nicht mochte und es auch nicht richtig lesen würde. Es war in dem fürchterlichen Stil jener schwülstigen Frauenromane geschrieben, die bei den Damen der besseren Gesellschaft um die Jahrhundertwende so beliebt gewesen waren. Der Text war umständlich und ermüdend formuliert und triefte vor unsäglichem Herz- und sonstigem Schmerz, die Handlung eine Mischung aus Zoombie-Horror und Vodoo-Hexerei, verlorenen und wiedergefundenen Vätern, Ehemännern und Söhnen und der bei diesem Titel unerläßlichen Massenschlächterei.
Berteau nahm sich vor, sich nur den Anfang und das Ende des Buches zu Gemüte zu führen. Zu seinem Ärger stellte er jedoch fest, daß der Schlußteil, die Auflösung, gut ein Drittel des gesamten Buchs in Anspruch nahm. So wendete er eine Schnellesemethode an, die man ihm irgendwann auf der Universität beigebracht hatte, und die im Grunde daraus bestand, das Wesentliche des Inhalts oberflächlich zu erfassen und dabei die Konstruktion des Textes zu ignorieren.
So hatte er denn auch die Handlung des Romans erfaßt, als das Polizeiboot am Steg des Inselforts anlegte. Die Konzentration auf die Lektüre und der leichte Seegang wirkten sich nachteilig auf Berteaus Magennerven aus. Er war schlicht seekrank, als er mit schwankenden Beinen von Bord ging. Glücklicherweise war es nicht so schlimm, daß er sich übergeben mußte. Dennoch wollte er sich nicht noch einmal dem Risiko der langen Überfahrt bis nach Lorient aussetzen und entließ das Boot der Küstenwache. Auch wenn es ihm zuwider war, er würde sich nach dem Ende seiner Mission vom Faktotum des Grafen das kurze Stück zum Ort übersetzen lassen müssen, um von dort mit einem Taxi nach Lorient zurückzukehren.
Das Empfangsritual im Fort glich dem seines letzten Besuchs. Der Hausmeister-Gärtner-Chauffeur-Bootsführer-Butler deutete mit keiner Mine an, ob oder daß er erwartet wurde. Er wurde in die große Halle geführt und gebeten, sich dort einige Minuten zu gedulden. Wider Erwarten war er in der großen Halle nicht allein.
Yves de Kergac, der Maître, schritt, bekleidet mit einem zerknautschten Talar, an der Nordseite der Halle auf und ab und sprach mit den Rüstungen. Das heißt, eigentlich deklamierte er wie ein Schmierenkomödiant in einem drittklassigen Boulevardstück. Dabei fuchtelte er theatralisch mit den Armen, als gälte es einen Schwarm Bienen abzuwehren.
"Hohes Gericht.", posaunte er, " Wir sitzen hier über einem traurigen Fall, einem sehr, sehr traurigen. Sehen Sie sich doch mal den Angeklagten an , einen unterernährten, blassen Jungen von noch nicht einmal fünfzehn Jahren. Sehen sich dieses Kind an, von dem unser Kollege Staatsanwalt, das Aas, von einer Ausgeburt an Verderbtheit und der Hölle sprach, da er in seinem zarten Alter schon als Autoknacker arbeitet, kaum den Windeln entwachsen. Dabei hat er nicht bedacht, in welchen Verhältnissen dieser Junge aufgewachsen ist, als viertes von fünf unehelichen Kindern vermutlich verschiedener Väter, verfemt und verachtet von der Gesellschaft. Denn, unsere lieben Mitmenschen sind ja nicht so , saß sie ihre Vorurteile bei einer Person belassen, in diesem Fall bei der Mutter dieses bedauernswerten Kindes, sondern auch auf diesen und seine Geschwister ausdehnt. So was nennt man Sippenacht, und unser lieber Kollege Staatsanwalt würde nur zu gerne in dieses Horn tuten." Er unterbrach sich und dachte nach. "Verdammte Sauerei noch mal, jetzt hab ich die Mutter vergessen. Und den lieben Kollegen, den lassen wir lieber auch mal. Wer weiß, vielleicht bildet er sich noch was darauf ein."
Er ging zum Tisch und blätterte irgendwelche Papiere durch.
"Und die Mutter?" fuhr er dann fort. "Wie kommt es, daß diese Frau ein Leben führt, das wir unsolide zu nennen die Stirn haben? Ist sie nicht ein Opfer der gleichen Vorurteile geworden, wie ihre Kinder, ebenso unschuldig? Was konnte sie dafür, daß der Mann, den sie geheiratet hatte, getrieben durch seine Arbeitslosigkeit versucht hatte, eine Bank zu überfallen und dabei getötet wurde? Er wollte seine kleine Familie nur nicht dem Hungertod preisgeben."
Berteau hüstelte gekünstelt. Der Maître fuhr herum und starrte feindselig in das Halbdunkel der Halle: "Mon Dieu, wer wagt es, mich bei meinem Training zu stören?". Er schickte sich an, einen der antiken Säbel von der Wand zu nehmen.
Der Kommissar sah ein, daß er jetzt ungewollt Akteur in der Schmierenkomödie geworden war, die der jüngere Kergac aufführte, und entschloß sich widerwillig, mitzuspielen. Er ging um die große Tafel herum und näherte sich dem Anderen. "Gemach, Eure Durchtriebenheit, vergreifen Sie sich nicht an den Vertretern der staatlichen Gewalt. Es könnte großes Ungemach über das Haus derer von und zu Kergac kommen, wenn Sie nicht augenblicklich Ihr Käsemesser aus der Hand legen. Und seien Sie vorsichtig, Sie könnten sich verletzen."
Yves de Kergac warf beleidigt den Säbel auf die Tischplatte. "Ah, da freut man sich so richtig auf einen blutrünstigen Meuchelmord, und dann ist das Gesetz schon präsent, noch ehe die Untat begangen ist! Was führt Sie zu uns, Commissaire? Ein Duell? Ein Mord? Eine Durchsuchung? Oder noch schlimmer, eine Vernehmung? Meiner Treu, die Privilegien des Adels sind auch nicht mehr die, die sie mal waren."
"Das haben jetzt aber Sie gesagt," Berteau trat so dicht an den Maître heran, daß er diesem fast auf die Zehen trat: "Meine ursprüngliche Absicht war die, Ihren geschätzten Herrn Bruder aufzusuchen. Ich erweitere dies jetzt um eine zweite, nämlich darum, bei Ihnen eine Bildungslücke zu schließen."
Er fischte Leblancs Schmöker aus der Manteltasche und hielt sie dem Anwalt unter die Nase:
"Hier, Maurice Leblanc, das Geheimnis der dreißig Särge. Ich schenke es Ihnen. Das Buch ist so schlecht wie Ihre Schloßführungen, aber wenn Sie es lesen, können Sie sich nächstens vielleicht einige Peinlichkeiten ersparen. Nachdem Arséne Lupin in diesem Buch nur zwei oder dreimal namentlich erwähnt wird und nachdem Leblanc es offenläßt, ob er denn wirklich der Held der Story ist, ist es in Zukunft völlig egal, ob Sie in Ihren Führungen davor, während oder danach behaupten. Vorausgesetzt allerdings, Sie terminieren ihre Lügengeschichten neu. Dieses Machwerk hier spielt während des ersten Weltkriegs"
Er warf das Buch mit elegantem Schwung neben den Säbel auf den Tisch. Der Maître bestaunte ihn mit offenem Mund.
Vom oberen Treppenabsatz her dröhnte ein gewaltiger Baß: "Ah, Parade reposte, er ist Dir gewachsen, Yves". Unter dröhnendem Gelächter kam der Inhaber der Baßstimme die Treppe herunter.
So wie ihm der Comte von Moreau und Berger beschrieben worden war, brauchte er Berteau nicht mehr vorgestellt werden. Von der Statur her glichen sich der Kommissar und der Graf tatsächlich, lediglich das volle, schwarze Haar und der schwarze Vollbart des Grafen kontrastierte zum Erscheinungsbild des Kommissars. Der Comte trug ein samtbesetztes Dinner-Jackett mit Einstecktuch und eine jener schrecklichen Krawatten, bei denen Berteau instinktiv an einen Mafia-Paten denken mußte.
Der Comte wußte ebenfalls, mit wem er es zu tun hatte, und sie begrüßten sich wie zwei alte Bekannte. Der Maître hatte endlich den Mund zugeklappt. Er schickte sich an, eine Bemerkung zu machen, aber der Comte schnitt ihm barsch das Wort ab:
"Geh woanders spielen, Kleiner," sagte er, "und misch dich nicht ein, wenn sich erwachsene Leute unterhalten." Eigentlich war das starker Tobak, aber Yves de Kergac schien dem Hausherrn die Zurechtweisung nicht weiter übel zu nehmen. Leise grollend raffte er seine Papiere zusammen und verschwand, wie bei ihrer ersten Begegnung, effektvoll durch eine Tapetentür. Der Comte schien amüsiert: "Monsieur le Commissaire, ich weiß nicht, ob ich mich für seine gelegentlichen Ausfälle entschuldigen sollte, er ist schließlich volljährig. Aber wie der kleine Junge aus der Blechtrommel von Grass weigert er sich einfach, erwachsen zu werden."
Das Faktotum erschien und nahm dem Kommissar den Mantel ab. Der Graf bat ihn in sein Arbeitszimmer im Obergeschoß. Dieses erwies sich als eine Art Bibliothek mit gut hundert Quadratmetern Grundfläche, in dessen Mitte ein wuchtiger Schreibtisch stand. Dieser war von Papieren übersät. Eine nicht minder wuchtige Sitzgruppe aus schwerem Leder in einer Fensternische und ein Konferenztisch für zwölf Personen komplettierten, abgesehen von den umlaufenden Bücherregalen, die Einrichtung. Berteaus Kennerblick streifte die Regale entlang, und er nickte anerkennend. Es mußten Zehntausende von Büchern sein, die hier herumstanden, darunter eine ganze Anzahl sehr alter und vermutlich sehr wertvoller Werke.
Der Comte führte Berteau zu der Sitzgruppe und forderte ihn auf, Platz zu nehmen:
"Darf ich Ihnen etwas anbieten?"
Da es Berteau von der Überfahrt her immer noch etwas flau im Magen war, nahm er den schönen, alten Cognac, den der Graf eigenhändig servierte, dankbar an. Kergac verkorkte die Flasche wieder und stellte sie vor Berteau auf den Tisch: "Wenn Sie Nachschub brauchen, bedienen Sie sich bitte selbst." und entschuldigend fügte er hinzu: "Sie wundern sich sicher, daß Sie auch bei Ihrem zweiten Besuch hier außer dem alten Georges, meinem Bruder und jetzt mir eigentlich niemanden zu Gesicht bekommen. Dabei sollte ich doch bei meinem Ruf als stinkreicher Aristokrat ein großes Haus mit vielen dienstbaren Geistern führen! "Er seufzte: " Nun, im Grunde tue ich das auch, aber nicht hier! Meiner Familie ist Fort zu düster und unheimlich, als daß sie bereit wäre, hier auch nur eine Stunde länger als unbedingt erforderlich zuzubringen. Sie verbringt üblicherweise die meiste Zeit in unserem Landsitz in Locmiquelic auf der anderen Seite der Blavet-Mündung und mit ihr auch der, na sagen wir, Hofstaat. So haben Georges und ich hier so etwa denselben Status wie Graf Dracula und sein Diener in seinem Schloß in Transsylvanien. Außer uns sind hier den Tag über nur eine Handvoll Restaurateure, die ihre Werkstatt unten in den Kasematten haben und sich redlich bemühen, das alles hier instand zu halten."
Er nahm einen Schluck aus dem Cognacschwenker: "Im Grunde hätte ich mich eigentlich schon lange von dem Fort getrennt, wenn da nicht dieser Familienkodex wäre, nach dem das jeweilige Oberhaupt für die Instandhaltung des Stammsitzes zu sorgen und auch hier zu residieren hat. So benutze ich eben dieses alte Gemäuer als die Schaltzentrale meiner wirtschaftlichen Unternehmungen. Das hat den Vorteil, daß meine Direktoren, wenn ich sie zur Besprechung hierherzitiere, immer an die alten Verließe und Folterkammern in den Kellern denken müssen."
Berteau schwieg und genoß den Cognac. Der Comte rieb die Handflächen aneinander: "Nun, Commissaire, ich denke, Sie sind nicht hier herausgekommen, um sich die Sorgen eines alternden Aristokraten anzuhören. Ihr Besuch ist mir von Soutif auftragsgemäß angekündigt worden, aber mir ist nicht ganz klar, wie ich Ihnen denn helfen kann?"
Der Kommissar musterte seinen Gegenüber abschätzend. Nachdem dieser in seiner Anrede die Höflichkeitsformel "Monsieur" weggelassen hatte, fand er es für in Ordnung, das ebenfalls zu tun. "Comte", sagte er, "vor einigen Tagen hat mich ein Kollege aufgesucht und mir geraten, ich solle mich erst einmal mit den besonderen bretonischen Strukturen vertraut machen, wenn ich in meiner Angelegenheit zum Erfolg kommen wolle. Ich gehe davon aus, daß Ihnen bekannt ist, in welcher ich hier ermittle.
Nun, wo immer ich zumindest in der einen Sache hinfasse, ich stoße immer wieder auf Ihren Namen. Und noch, ich betone noch, kann ich diese Tatsache nicht richtig einordnen. Es drängt sich mir der Verdacht auf, daß Sie, Comte, den Schlüssel zu all meinen Fragen besitzen, bewußt oder unbewußt, und daß Sie ihn mir nicht freiwillig aushändigen werden.
Also, habe ich mir gesagt, such den Mann auf, der im Departement Morbihan so viel Einfluß hat, und stelle ihm ein paar Fragen. Auch wenn womöglich nichts weiter als eine Geschichtsstunde dabei herauskommt. Vielleicht kann sie mir doch helfen, etwas Licht in das verworrene Beziehungsgeflecht der hiesigen Bevölkerung zu bringen."
Der Comte hatte ihm aufmerksam zugehört. Jetzt schmunzelte er und lehnte sich zurück: "Oh, oui, Monsieur Berteau, ich glaube, ich sollte Ihnen sagen, daß ich dank meines gut funktionierenden persönlichen Nachrichtendienstes über die meisten Ihrer Schritte wohl informiert bin. Dabei sollten Sie nicht annehmen, daß ich Ihnen besondere Aufmerksamkeit zu Teil werden lasse. Aber es gehört zu meiner Philosophie, über alles, was in meiner Heimat wichtig ist oder werden könnte, informiert zu sein. Und wichtig ist Ihre Tätigkeit allemal.
Ob ich aber, wie Sie vermuten, den Schlüssel zu Ihren Fragen besitze, müssen Sie schon selbst herausfinden. In der Tat wäre mir lieber, wir könnten uns auf die Geschichtsstunde beschränken. Wenn Ihnen damit gedient ist, dann fragen Sie!"
Berteau war über die Eröffnung des Grafen nicht sonderlich erstaunt. Er hatte sich derartiges schon gedacht. "Gut", erwiderte er, "erzählen Sie mir etwas über den Kulturverein und die Druidenloge und über die jeweiligen führenden Figuren, den Comte de Kergac und den Marquis de Fresnes. Besonders interessieren mich die Wechselbeziehungen dieses Vierergestirns!"
"Nun", der Graf stand auf, ging an der Bücherwand entlang und griff nach kurzem Suchen nach einem alten, ledergebundenen Wälzer. Darin blätternd kam er zur Sitzgruppe zurück, deutete auf das Buch und meinte erklärend: "Der Bretonische Adelsspiegel, eine Art Who is Who für alle diejenigen, die sich hierzulande für wichtig halten."
Er setzte sich Berteau gegenüber "Um Ihnen die Zusammenhänge plausibel zu machen, muß ich bis in die Anfangstage zurück gehen.
Fangen wir mit meiner eigenen Familie an. Der erste Comte de Kergac war ein Haudegen, ein Landsknecht aus der Gegend von la Rochelle, also wenn Sie so wollen, nur ein halber Bretone.
Wie es damals in Söldnerkreisen so üblich war, lieh er sein Schwert demjenigen, der am Besten dafür bezahlte. Und das war im ausgehenden fünfzehnten Jahrhundert Louis XII von Bourbon, seines Zeichens König von Frankreich. Mein Vorfahr hatte nun gewissen Anteil daran, daß der Oberbretone Fransez II 1488 in der Schlacht von Saint- Aubin-du-Cormier von Louis XII entscheidend geschlagen wurde und die Bretagne damit ihre immerhin seit 845 bestehende Selbständigkeit verlor. Er wurde daraufhin zum Comte erhoben und erhielt ein Lehen in der Region Morbihan. In den folgenden Jahrhunderten hielten sich, ich muß es gestehen, die Kergacs immer opportunistisch an die, die gerade das Sagen hatten, was immerhin den Vorteil einbrachte, daß sich ihre Besitztümer deutlich mehrten.
Als, na sagen wir , Zugezogene, hatten meine Ahnen eine Nase dafür, daß es für ihre Sicherheit nicht förderlich sein konnte, das einfache Volk in ihrer Grafschaft allzusehr auszupressen. Statt dessen erwiesen sie sich als geschickte Geschäftsleute, die ihr Budget mit allerlei dubiosen Transaktionen zu mehren wußten. So besaßen sie zwei Jahrhunderte lang einen königlichen Kaperbrief für die Küstenregion zwischen Nantes und Brest und hielten als Gegenleistung die Küste vor unerwünschten Eindringlingen, speziell Engländern, frei.
Die Tatsache, daß beim einfachen Volk in der Grafschaft Kergac relativer Wohlstand herrschte, sollte sich denn auch für meine Ahnen auszahlen. So überstanden sie, im Gegensatz zum übrigen Adel, die französische Revolution von 1789 ohne größere Blessuren, wenn auch mit vorübergehendem Verlust von Besitz und Einfluß. Einer meiner Vorfahren, der "Bürger" Konan de Kergac, saß sogar als Abgeordneter im Parlament in Paris und hielt an Robespierres Seite wüste Reden. Trotz seiner Herkunft verhielt er sich so geschickt, daß sein Hals nie ernsthaft in Gefahr war.
Als dann Bonaparte auf dem aufsteigenden Ast war, waren die Kergacs wieder auf der richtigen Seite und wurden nach der Kaiserkrönung wieder in Amt, Würde und Besitztümer eingesetzt. Lediglich bei der allgemeinen Vermögensumverteilung im Rahmen der Säkularisation erlitten sie noch einmal einen, zwar schmerzhaften, aber immerhin zu verschmerzenden Eingriff in ihre Besitztümer: Die Stadt Lorient wurde ihrem direkten Einfluß entzogen.
Nun, der heutige Comte de Kergac hat immer noch seinen Frieden mit der französischen Zentralmacht, auch wenn er nicht alles gut heißt, was aus Paris kommt, und auch wenn er von einer sozialistischen Regierung nicht grade eine Förderung zu erwarten hat. Ich bin auch kein Raufbold mehr, sondern Geschäftsmann. Und um allen Unwägbarkeiten der Geschichte zu trotzen, habe ich ein weitverzweigtes Wirtschaftsimperium aufgebaut, von dem ich hoffe, daß es auch größere Erschütterungen erträgt.
Was nun den Kulturverein betrifft, so hat den mein Großvater, der zwölfte Comte im Jahre 1905 ins Leben gerufen. Ursprünglich war damit nur die Intention verbunden, eine Art elitären Stammtisch nach dem Vorbild der englischen Clubs einzurichten. Die Gründungsmitglieder, ausschließlich relativ wohlhabende, übriggebliebene Adelige, suchten einen Hort, in dem sie ungestört über die Schlechtigkeit der modernen Welt debattieren konnten.
Nun, solche reinen Stammtische geraten irgendwann in eine Sinnkrise, und um eine Auflösung des Vereins zu vermeiden, wurde 1925 dreierlei beschlossen: Erstens wurde der Verein für zwar nichtadelige, aber einflußreiche Normalsterbliche geöffnet. Zweitens wurde ein Kodex erarbeitet, mit dem Ziel, gegen die Absichten der Republik für die Bewahrung der Bretonischen Kultur und ihrer Güter einzutreten. Das sollte von Anfang an mit subtilen und friedlichen Mitteln geschehen. Der Verein stand somit schon damals in einer gewissen Opposition zu der bereits früher gegründeten Druidenloge. Drittens und das geht bei der Erwähnung des Kulturvereins meistens unter: Während sich der ursprüngliche Stammtisch all die Dinge zum Ziel genommen hat, die viel Geld kosten, also z.B. den Erhalt von Burgen, Schlössern, Museen und Kunstsammlungen, wurde doch nicht übersehen, daß die Kultur eines Volkes aus mehr besteht.
So wurde aus dem Verein eine Sektion für das einfache Volk abgespalten, die sich mit einigem Erfolg um die Bereiche Sprache, Brauchtum und Musik verdient macht."
Der Comte hielt inne und sah den Kommissar fragend an. Der jedoch dachte nicht daran, den Vortrag des Grafen zu unterbrechen. So blätterte Yann de Kergac eine Zeit lang in seinem Folianten und schlug ein neues Kapitel auf.
"Nun, zur Gegenseite, das heißt zunächst zum Marquis Charles de Fresnes. Obwohl es zwischen Ihm und mir gewisse Animositäten gibt, will ich mich bemühen, so objektiv wie möglich zu sein.
Das Haus de Fresnes führt seine Abstammung direkt auf Geoffroy II. Plantagenêt zurück, der als Marquis der Bretagne von 1182 -1186 regierte. Der erste urkundlich erwähnte Fresnes, es dürfte sich dabei um einen illegitimen Ableger Geoffroys gehandelt haben, wurde 1185 in den Stand eines Barons erhoben.
Als die Linie der Plantagenêts ausstarb, hielten sich die Fresnes für befugt, diese mit dem Herzogstitel zu beerben.. Louis X. von Frankreich, dessen Einfluß in der Bretagne recht begrenzt war, duldete dies zähneknirschend, verhinderte aber immerhin, daß die Fresnes sich Herzog der Bretagne nennen durften. So blieb es bis heute bei den Marquis de Fresnes. Der Titel Herzog der Bretagne fiel später an die Grafen von Blois, eine Tatsache, die bei den de Fresnes bis heute herb ankommt.
Vermutlich deswegen hatten und haben die de Fresnes immer ein gestörtes Verhältnis zur französischen Zentralgewalt. Sie unterstützten im Laufe der Jahrhunderte mit Schwert und Intrige immer diejenigen Strömungen, die eine Eingliederung der Bretagne nach Frankreich zunächst verhindern und später wieder die Loslösung betreiben wollten. Dabei hatten sie augenscheinlich auch keine moralischen Probleme in der Zusammenarbeit mit dem Hause Blois, obwohl die ihnen ja aus ihrem Blickwinkel den Titel Herzog der Bretagne streitig machten.
Ein besonderes Ärgernis für die de Fresnes ist jedoch jede Art von Republik. Sie hielten sich immer für Herzöge "von Gottes Gnaden",und waren es gewohnt, das Budget für ihren aufwendigen Lebenswandel aus ihren Untertanen herauszuprügeln. Einerseits verbietet die republikanische Gesetzgebung das heute nachdrücklich, andererseits hat das Haus Fresnes in beiden großen Revolutionen und den nachfolgenden republikanischen Versuchen blutige Quittungen für sein Verhalten bekommen..
1795, bei der Massenexekution von Quiberon wurde der Clan schon erheblich dezimiert und 1870 im Straflager von Conlie fast ausgerottet. Daß überhaupt jemand aus dem Hause Fresnes übrig blieb, verdanken sie vermutlich der Tatsache, daß die Deutschen den Krieg 1870/71 gewonnen haben und die Republikaner nach dem Versailler Diktat andere Sorgen hatten, als bretonische Monarchisten zu dezimieren.
Erstaunlicherweise wurden über all die Jahre hinweg die Besitztümer der Fresnes kaum angetastet, so daß Morvan, einundzwanzigster Marquis de Fresnes und Überlebender von Conlie eigentlich eine Basis gehabt hätte, unauffällig und in Frieden zu leben. Aber kaum hatte er sich vom schlimmsten Schrecken erholt, gründete er so um 1885 herum mit Gleichgesinnten seine Druidenloge. Ich betone hier das Wort seine, weil es mehrere Druidenlogen gibt. Aber die anderen sind durchweg mehr oder weniger harmlose Spinner mit religiösem oder antrophosophischem Hintergrund.
Fresnes Loge war vom ersten Tage an eine Art Geheimbund nach dem Muster des Ku-Klux-Klans mit der erklärten Zielsetzung, die Loslösung der Bretagne von Frankreich und die Wiedereinführung des Feudalsystems zu betreiben.
Und das, nach dem Muster der ETA oder der IRA, um heute geläufige Vergleiche zu wählen.
Nun, so effizient wie die IRA war die Druidenloge nie. Dennoch hat sie bis in die achtziger Jahre hinein immer wieder mit gewalttätigen Anschlägen auf Verkehrs- und Versorgungseinrichtungen Aufsehen erregt. Am Besten wird wohl noch der Spengstoffanschlag auf den Louvre vor einigen Jahren in Erinnerung zu sein, der wohl auf Kosten der Loge geht.
Seit Charles de Fresnes, der fünfundzwanzigste Marquis, das Regiment führt, ist es etwas ruhiger um die Loge geworden, was aber weniger am Wollen, als am Können liegt. Die Loge teilt sich derzeit auch in den nach wie vor militanten, als auch in einen eher politischen Flügel auf.
Über beidem schwebt der Marquis, auch wenn er das nicht zugeben mag. Der politische Flügel der Loge vertritt nach außen hin ähnliche Ziele wie der Kulturverein, aber mit schrecklich viel Getöse."
Der Comte erhob sich, um sein Buch zum Regal zurückzubringen. Berteau bediente sich an der Cognacflasche. " Wie ist das mit dem Wollen und dem Können der Druidenloge zu verstehen?", hakte er nach. Der Graf zuckte mit den Schultern und setzte sich wieder:
"Nun, eine wirksame Untergrundkampfgruppe zu unterhalten, bedarf einer ausgefeilten Logistik. Und Logistik setzt in erster Linie Geld voraus. Der Kreis um Fresnes hat sich immer geweigert, sich selbst um die Erhaltung und Vermehrung seiner Besitztümer zu kümmern. Und nachdem unser Staat ihn daran hindert, eigene Steuereintreiber auf das Volk loszulassen, lebt der ganze Verein seit geraumer Zeit von der Substanz.
Zwar hat Fresnes das vor einiger Zeit erkannt, aber er hat nie gelernt, wie man Geld verdient. 1975 haben er und seine Clique versucht, an der Börse den großen Reibach zu machen. Aber sie sind wohl an einen Anlagenberater geraten, der auch nicht viel vom Geschäft verstand. Das Ganze endete mit bösen Verlusten für die Loge. Deshalb sind Ihre Mitglieder gezwungen, so nach und nach Teile ihrer Besitztümer zu verkaufen. Glauben Sie nur nicht, daß diese Leute sich freiwillig von Ihren Gauguins oder Renoirs trennen würden."
Berteau beugte sich interessiert vor: "Monsieur le Comte, Sie liefern mir gerade ein Stichwort, das einen wunden Punkt in meinen Ermittlungen berührt. Alle neun Bilder, die ich suche, stammen, wenn mein Assistent Berger sich nicht irrt, aus dem Dunstkreis des Marquis de Fresnes.
Alle neun Werke waren nach dem Verkauf und für die Dauer des Transports bei einer Gesellschaft versichert, in der Sie maßgeblich Ihre Finger drin haben. Das schafft eine Querverbindung zwischen Kulturverein und Druidenloge, die ich nicht durchschaue!
Dazu kommt, daß ihr Monsieur Soutif von der Assurance sich völlig sicher zu sein scheint, daß der Gesellschaft kein nennenswerter Schaden entstehen wird, weil das Diebesgut auf Kurz oder Lang wieder auftauchen wird. Und dann irritiert mich die Tatsache, daß die Verträge wohl so abgefaßt sind, daß die Kunstwerke, werden sie erst nach einer gewissen Anstandsfrist sichergestellt, in den Besitz der Assurance - oder soll ich gleich sagen, des Kulturvereins- übergehen!
Wenn der Kulturverein am Erwerb dieser Werke interessiert ist, warum um alles in der Welt, versucht er nicht, sie direkt zu erwerben und verläßt sich auf solche Zufälligkeiten?"
Der Graf zog mißbilligend die Augenbrauen zusammen: "Ah, der gute Soutif, er ist ein guter Manager, aber ein jämmerlicher Schauspieler. Etwas besorgt hätte er sich schon geben können.
Ansonsten ist es Fresnes & Co aber freigestellt, an wen Sie Ihr Eigentum verkaufen. Nun sind die Ambitionen des Kulturvereins und seine moderate Haltung gegenüber dem französischen Staat in Fresnes Augen glatter Verrat an der Bretonischen Sache. Die Logenmitglieder würden an den Kulturverein keinen Kübel bretonische Erde verkaufen, und wenn sie damit Milliardäre werden könnten.
Insofern müssen wir schon froh sein, daß wir alle ausländischen Käufer für unsere Spezialversicherung gewinnen konnten und daß Sie sich auf unsere Verträge eingelassen haben."
"Weiß der Marquis eigentlich, wer hinter der Assurance de la Culture steht und welcher Art ihre Verträge sind , und wenn ja, warum steuert er nicht gegen?"
In das Gesicht des Comtes schlich sich ein diebisches Lächeln: "Aber sicher weiß er das, und es ärgert ihn mächtig. Aber schließlich kann der Käufer sich ja versichern, wo er will oder? Es ist alles nur eine Frage der Konditionen! Außerdem, so nehme ich wenigstens an, glaubt auch er, unserer Seite würde durch die Ereignisse ein schwerer Schaden zugefügt. Ich denke mal, daß er nach jedem Diebstahl einen Freudentanz aufgeführt hat, weil er das für ausgleichende Gerechtigkeit hält."
Berteau empfand die Einlassungen des Grafen als immer undurchsichtiger: "Das sollten Sie mir schon erklären?"
Der Graf lachte dröhnend: "Ich ahne Ihre Gedankengänge, Monsieur le Commissaire! Sie sagen sich, eigentlich müßte die Loge dem Kulturverein dankbar sein, daß der derart ihre Aktivitäten finanziert. Aber ganz so ist das nicht! Natürlich verkauft die Loge das eine oder andere Stück an uns vorbei, wir bemühen uns allerdings, immer dann ins Geschäft zu kommen, wenn wirklich wichtige Dinge angeboten werden. Und wir sorgen mit unseren Beziehungen auch ein wenig dafür, daß die Bäume der Loge nicht in den Himmel wachsen. Wo wir mitmischen, erzielen Fresnes und seine Freunde Preise, die zwar fair sind, aber niemals die, die der Markt wirklich hergeben würde. Fragen Sie mich jetzt nicht, wie wir das machen!
Tatsächlich sind die Verbindlichkeiten der Angehörigen der Loge so hoch und die Erlöse so gering, daß die Kameraden gerade mal ihren laufenden Finanzbedarf decken, aber kaum Reserven für ihre extremistischen Ambitionen bilden können. Wenn Fresnes intelligent genug wäre, um die Zusammenhänge zu erkennen, würde er mir hier vermutlich das Fort niederbrennen lassen oder mich wenigsten zum Duell fordern!"
Der Kommissar schüttelte den Kopf: "Ich kann mir nicht helfen, aber auf mich macht das Ganze den Eindruck eines Schachspiels, bei dem sich der eine, übermächtige Gegner, sagen wir Weiß nur deshalb scheut, dem anderen Schach zu bieten, weil er fürchtet, es könne langweilig werden, wenn die Partie plötzlich beendet wird."
Der Graf schüttelte den Kopf: " Der Vergleich ist nicht so schlecht, aber die Motive sind andere. Schwarz hat die Angewohnheit, unter dem Tisch mit den Füßen zu treten, wenn er sich darüber in Bedrängnis sieht. Und Weiß hat leider die empfindlicheren Schienbeine Und dann gibt es da auf dem Brett ein paar Spielfiguren, die einen gewissen Eigensinn entwickeln und sich nicht ganz so ziehen lassen, wie Weiß es will."
Das elektronische Piepsen eines Mobiltelephons drang von der Tür her in die Bibliothek. Georges, jetzt jeder Zoll der Butler, schritt würdevoll herein und hielt Berteaus Handy mit spitzen Fingern am ausgestreckten Arm.
"Entschuldigen Sie die Störung, Monsieur le Comte, aber dieses Teufelsding aus dem Mantel des Herrn Commissaire verursacht seit geraumer Zeit einen Höllenlärm. Felix, der Kater, ist schon ganz verstört."
Er hielt Berteau das immer noch piepsende Gerät hin: "Ich nehme an, es ist ein gewisser Korporal Berger. Ich habe mich schon dreimal gemeldet und ihm gesagt, daß eine Störung jetzt unerwünscht ist. Aber er will sich absolut nicht abwimmeln lassen."
Berteau nahm ihm den Apparat ab und Georges entschwebte. Berteau schaltete das Handy mit einem entschuldigenden Blick in Richtung des Grafen ein und meldete sich. Berger am anderen Ende setzte zu einem Lagebericht an, aber Berteau unterbrach ihn nach drei Sätzen:
"Hören Sie zu, ich kann jetzt kein längeres Gespräch führen. Fahren Sie nach Lorient zurück, ich rufe in etwa einer halben Stunde zurück. Ende". Er schaltete das Gerät ganz ab, um nicht noch einmal gestört zu werden.
Der Comte schien über die Unterbrechung leicht verärgert und sah vielsagend auf die Uhr. Berteau seinerseits stellte fest, daß auch von seiner Seite her der Gesprächsfaden zerrissen war, und er verabschiedete sich mit der Bitte, Georges Hilfe zum Übersetzen ans Festland in Anspruch nehmen zu dürfen.
Der hatte diese Entwicklung schon geahnt und erschien wie auf Stichwort mit Berteaus Mantel in der Tür.
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Berteau wartete auf dem Absatz der Treppe, die vom Bootssteg zur Straße hinaufführte, bis der knurrige Alte mit dem Boot wieder abgelegt hatte. Dann zog er das Handy hervor und wählte Bergers Nummer. Es wäre ihm peinlich gewesen, den Anruf oben auf der Straße oder im Taxi zu erledigen, denn er verabscheute jene ungeheuer wichtigen Leute, die immer und überall in ihre Mobiltelephone quasseln mußten.
Die Verbindung zu Berger im fahrenden Auto war jämmerlich schlecht, und Berteau mußte ihn auffordern anzuhalten. Danach wurde es deutlich besser.
Berger war mit seiner Tagesarbeit sichtlich zufrieden: "Oui, Chef, Erfolg auf der ganzen Linie. Le Sauvage hat in Sables dŽOr tatsächlich einen Antiquitätenhändler mit Namen Varvek aufgetan, der der Meinung ist, er könne die Apostel auftreiben. Er will sich, gegen eine dicke Provision natürlich, darum kümmern und sich wieder melden."
"Gut", Berteau nickte zufrieden und war im selben Moment froh, daß sein Gesprächspartner es nicht sehen konnte, "wie ist das mit der Verbindungsaufnahme geregelt?"
Die Frage war dem Korporal ein wenig peinlich: " Oh, dem Wilden ist nichts besseres eingefallen, als Varvek die Nummer von meinem Handy zu geben. Ich fürchte, wir werden ihm das Ding überlassen müssen, bis die Aktion abgeschlossen ist. Wäre doch schlecht, wenn der Apparat plötzlich bimmeln und der Verwalter der Rüstkammer des Commissariats sich melden würde."
Dem Kommissar war das im Grunde egal. Dennoch beugte er vor: " OK, aber machen Sie le Breton klar, daß ihn der Teufel holt, wenn er jetzt auf Kosten des Commissariats Telephonsex mit einer Nutte aus Hongkong betreibt. Der Gute war mir in seiner Hütte zu lange ohne Kommunikationsmittel, als daß er der Versuchung widerstehen könnte! Was ist mit der Bucht?"
"Ebenfalls Volltreffer. Le Sauvage schwört beim Seelenheil seiner Urgroßmutter, daß er sich dort die Inspiration für <la Tempête> geholt hat. Wenn man den richtigen Standort findet, stimmen sogar die Details, das heißt, soweit sie nach zehn Jahren noch stimmen können. Was jetzt, Monsieur le Commissaire?"
Berteau dachte einen Augenblick nach, dann antwortete er: "Kommen Sie jetzt mit dem Wilden erst einmal zurück, dann treffen Sie mich zu einer kurzen Besprechung im Hotel. Ich denke, daß wir unser Lager für ein paar Tage nach St.Malo verlegen werden. Das paßt mir gerade in den Kram! Hier bin ich heute derart zugesülzt worden, daß ich eine Luftveränderung vertragen kann. Wenn Sie fürs kommende Wochenende irgendwelche Verabredungen getroffen haben, sagen Sie sie ab."
Berger war nicht begeistert von dem Gedanken, sein Wochenende mit dem Vorgesetzten verbringen zu müssen, aber sein Protest verhallte ungehört. Berteau unterbrach die Verbindung und telephonierte mit der Taxizentrale in Lorient, um sich abholen zu lassen.
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