2.3.2. Die Wach- und Bereitschaftsneurose

Der selbstauferlegte Zwang jeder Armee dieser Welt, ihr Tun und Lassen vor Außenstehenden so gut wie irgend möglich abzuschirmen und weitgehend geheimzuhalten, ist eine durch und durch neurotische Angelegenheit. Dazu kommt die Neigung, für alle unvorhersehbar-vorhersehbaren  Ereignisse, die das Militär betrifft, bereit sein zu wollen oder zu müssen. Das führte im Laufe der Zeit, insbesondere Zur Zeit des Kalten Krieges zu einem alle Eventualitäten absichernden Bewachungs-, Kontroll- und Bereitschaftssystems, wie das folgende Beispiel erkennen lässt.

Anmerkung dazu: Ein Gefreiter namens Grubeler hatte sich über die unzureichende Sicherheit im Unterkunftsbereich seiner Kaserne beschwert und behauptet, er sei nächtens von einem Hund angefallen worden, und das auf dem Weg von der Kantine zu seinem Kompaniegebäude. Ein Vorgang, der unerhört gewesen wäre, wenn er sich so abgespielt hätte. Dass es nicht so sein konnte, ging aus dem Beschwerdebescheid hervor, den er nach eingehender Prüfung der Sachlage von seinem Disziplinarvorgesetzen erhielt.

xxx-Kompanie                                  yyyDorf ,den (Datum unbekannt)

Kompaniechef                                  xyz-Kaserne

Herrn Gefreiter Max Grubeler

im Hause

Betrifft: Beschwerdebescheid

Bezug: Ihre Beschwerde vom (Datum unbekannt)

Sie haben sich am (Datum unbekannt) schriftlich  über den Umstand beschwert, im Kasernenbereich auf dem Weg von der Kantine zur Unterkunft von einem unbekannten Hund angefallen worden zu sein.

Ihre Beschwerde ist frist- und formgerecht bei mir eingegangen. Nach eingehender Prüfung stelle ich jedoch fest, daß sie zwar zulässig, jedoch unbegründet ist. Sie wird deshalb zurückgewiesen.

Begründung:

Abgesehen, davon, dass Sie das Ihnen unterlaufene Missgeschick infolge übermäßigen Alkoholgenusses selbst zu verantworten haben, kann sich, wie meine Nachforschungen ergeben haben, der Vorgang nicht so abgespielt haben, wie Sie ihn schildern! Die Existenz des von ihnen monierten unbekannten und freilaufenden Hundes im Unterkunftsbereich muss negiert werden. Der Grund dafür liegt im absolut perfekten Wach- und Kontrollsystems unserer Kaserne.

Sie müssen zugeben, dass das System perfekt ist. Keine Maus käme unbemerkt oder gar unkontrolliert an diesem Bewachungssystem vorbei, schon gar kein Hund.

Alle in der fraglichen Nacht mit Wach- Bereitschafts- und Ordnungsdienst betrauten Soldaten sind von mir im Zusammenhang mit ihrer Beschwerde befragt worden. einen Hund hat niemand bemerkt.

Ich ermahne sie dringend, es zu unterlassen , weiterhin solche Behauptungen in Umlauf zu setzen! Sie sind lediglich dazu geeignet, Unruhe in der Truppe zu stiften und ihr Ansehen in der Öffentlichkeit zu schädigen.

abcd

Major und Kompaniechef

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