2.1.4. Die Gockelneurose

Es besteht unbestritten ein reziprok proportionaler Zusammenhang zwischen verbaler und tatsächlicher sexueller Leistungsfähigkeit in einer durch Männer dominierten Gesellschaft. Verständlicher ausgedrückt: Je mehr einer davon redet, desto weniger kann (oder darf) er.  (K.S. 1988)

Zwar haben es japanische Biologen in der letzten Zeit geschafft, im Laborversuch männliche Säugetiere (Kaninchen und Mäuse) dadurch zu schwängern, dass sie ihnen befruchtete Eizellen unter die Bauchdecke eingepflanzt haben.

Sieht man davon ab, dass einerseits das Ergebnis solcher Leibesfrucht nur auf chirurgischem Wege ans Licht zu holen ist, und dass andererseits zumindest vorläufig  die Eizellen noch von weiblichen Tieren entnommen werden müssen (hier sind die Gen-Techniker gefragt) , so besteht doch zumindest die Aussicht, dass in absehbarer Zeit zur Erhaltung der Art die Menschheit auf ihre größte biologische Fehlkonstruktion, die Frau, verzichten kann.

Doch bis es so weit ist, kann in einer Reihe von Lebensbereichen auf Frauen schlicht nicht verzichtet werden. Trotz aller Abschottungsversuche kommt auch das Militär um diese Tatsache nicht herum.

Es gibt Staaten, da hat sich die Weiblichkeit so weit emanzipiert, dass sie auch als Infanteristinnen, Panzerfahrerinnen, Pilotinnen oder Kapitän(innen) zu finden sind. Ein Schlag ins Gesicht jedes männlichen Rambos!

Doch bei der Bundeswehr, und wer will verbergen dass ich von ihr schreibe, ist es glücklicherweise (noch) nicht so weit gekommen.

Dennoch fand man in ihr Frauen schon immer in allen Teilbereichen, wie Putzkolonnen, Küchen, Wäschekammern, Schreibstuben und in der Verwaltung .Es gibt nicht wenige Einheiten, in denen es wichtiger ist, zur Schreibkraft des Spießes einen guten Draht zu haben, als zum Spieß selber.

Hat es bis vor einigen Jahren noch funktioniert, die Damen wenigstens aus dem uniformierten Personal fernzuhalten, so sind sie neuerdings auf dem Umweg über das Sanitätspersonal (w) auch dort eingebrochen, seit einiger Zeit sogar bis in die höchsten Ebenen, gibt es doch derzeit mindestens eine Generalärztin.

Es gab eine Zeit, da war wenigstens eine der wichtigsten Eignungsvoraussetzungen für Frauen in der Bundeswehr ein möglicht wenig ansprechendes äußeres, um die männlichen Angehörigen der Truppe nicht auf dumme Gedanken zu bringen. Heute versucht man die wachsende Attraktivität weibliche Soldaten unter diesen unförmigen Einheits-Kampfanzügen zu verbergen, was nur unvollkommen gelingt.

Emanzipation hin, verfassungsgemäße Gleichstellung her, die für diese Entwicklung Verantwortlichen haben nicht bedacht, welche Probleme das für den Potentiellen Neurotiker unter den (männlichen) Soldaten bringt. Zwangsläufig setzt jener Effekt ein, den ich Die Balz des Gockels nenne.

Als Hobby-Verhaltensforscher widerspreche ich der darwinschen Theorie, wonach der Mensch vom Affen abstammt oder wenigstens mit ihm gemeinsame Vorfahren hat, entschieden. Ich vertrete die Theorie, dass der Mensch ein zur Flugunfähigkeit degenerierter Abkömmling des Archeopterix (Urvogels) und somit ein enger Verwandter des gemeinen Haushuhns ist.

Begründung? Wie Sie wollen!

Vergleichen sie das Verhalten eines Gockels (für Nicht-Süddeutsche: eines Hahns) der sich auf dem Bauernhof um seine Hühner bemüht, mit dem aufgeplusterten Gehabe z.B. eines Leutnants, der um die Schreibkraft seines Spießes herumstolziert:

Roter Kopf ( zugegeben, beim Gockel sieht man das nicht so), geschwollener Kamm, geblähte Brust und belegte, leicht krächzende Stimme sind hier wie dort auf den ersten Blick sichtbare Zeichen für den unmittelbar bevorstehenden Balztanz.

Bringt dieses erste zur Schau stellen noch nicht das gewünschte Ergebnis, so beginnt hier wie dort Phase zwei der Balz. Der Gockel scharrt in der Erde, um dem Objekt seiner Begierde Leckerbissen freizulegen, sein soldatisches Pendant versucht es mit Konfekt und kleinen Geschenken. bei wildlebenden Hühnerrassen versucht der Hahn durch rituellen  Nestbau die Henne zu locken, der Leutnant preist verbal seine Karriereaussichten und seine Herkunft, und, er lässt scheinbar unabsichtlich seine Kontoauszüge herumliegen.

Balzen hier wie dort mehrere sozial gleichgestellte Hähne um dieselbe Henne, so gibt es wahre Diadochenkämpfe um die Vorherrschaft. Und das alles, ohne auch nur den Versuch zu machen, festzustellen, ob die Henne denn interessiert ist.

Taucht dann unversehens der Platzgockel auf (bei Soldaten in der Regel der Spieß) so ist hier wie da seine Überlegenheit auf den ersten Blick zu erkennen. Die umworbene wirft ihm schmachtende Blicke zu, ER übersieht die Situation mit einem Blick und verfällt in Drohgebärden gegenüber der vermeintlichen Konkurrenz. Diese zieht ihrerseits schuldbewusst den Kopf ein und trollt sich nach halbherzigen Protest.

Nun mag der Kritiker sagen, der Vergleich hinke und die Schlussfolgerung bezüglich des Archeopterix sei unzulässig, habe doch der Hahn auf dem Hühnerhof einen ganzen Harem zu betreuen , während es beim Thema Frauen in der Armee genau umgekehrt wäre und jede Sanitätsgefreite (weiblich) die freie Auswahl unter Dutzenden von Bewerbern habe.

Der Kritiker übersieht, dass es sich in beiden Fällen um ein durch und durch künstliches Biotop handelt, sowohl , was den Bauernhof betrifft, als auch die Bundeswehr. Der Hahn in freier Wildbahn lebt durchaus monogam, dem im Hühnerhof wird sein Harem vom Menschen aufgezwungen. Infolge seiner Unfähigkeit selbst Eier zu legen bringt er ja keinen weiteren wirtschaftlichen Nutzen als den, bis zur Grenze seiner Leistungsfähigkeit Nachwuchs zu produzieren. Überzählige Mitbewerber landen durchweg auf dem Grill oder in der Pfanne, noch ehe sie in der Lage sind, ihrer biologischen Bestimmung Genüge zu leisten.

Und der Menschliche Gockel? Mit seiner Monogamität (monogam ist monoton)  ist auch nicht weit her. In aller Regel hat er zuhause ein fertiges Nest mit Henne und Küken und nicht selten irgendwo ein Zweitnest mit Zweithenne (die dann auch gelegentlich gleichzeitig die Ersthenne eines anderen Gockels ist). Das hindert ihn jedoch mitnichten, sich an jeder sich bietenden Zusatzbalz auf freier Wildbahn (sprich, seiner Dienststelle) zu beteiligen.

Die Balz hat naturgemäß nicht das bloße Ziel, sich wechselseitig tief in die Augen zu sehen und Händchen zu halten. Das wäre wider die Natur. Der Punkt ist.... siehe Zitattext am beginn des Kapitels.

Dabei gilt die Regel: Je direkter der Gockel sich gibt, desto neurotischer und damit ungefährlicher ist er. Wenn also der Ledige Hauptmann S. ganz unverblümt zu seiner Sekretärin sagt: "Mein Gott, Frau M. was würde ich sie heute gerne vernaschen" , so kann man sicher sein, dass er beim Wort "vernaschen" eher an die bewusste Kugel von Ferrero denkt als an Sex.

Viel kritischer ist es da mit Leuten, deren Andeutungen durchdacht und hintersinnig sind und eher vorsichtig angebracht werden, wie etwa: "Was , Frau M. sie wollen heute Abend zum Abschlussball der Tanzstunde Ihres Sohns und haben überhaupt nichts anzuziehen? Na, wenn das so ist, dann komm ich da auch hin"

Solche Leute würden eine sich bietende Gelegenheit mit Sicherheit bedenkenlos ausnutzen.

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