Das Thema mag anrüchig sein. Aber um zu demonstrieren, wie neurotisch das Vorschriftenwesen der Streitkräfte ist, brauche ich ein Beispiel, ein fiktives, um genau zu sein, um nicht irgendwelche Geheimhaltungsvorschriften zu verletzen. Und dieser Bereich ist, soweit ich informiert bin, der einzige, der bisher nicht in einer Vorschrift geregelt ist:
ZDv 10/00 ZDv 10/00
Die Einrichtung, Ausstattung und Benutzung ortsfester Toilettenanlagen in Unterkunfts- und Dienstgebäuden
Kapitel 1
Die Einrichtung
101. Mit der Inkraftsetzung dieser Vorschrift wird angeordnet, das Verfahren zur Einrichtung, Ausstattung und Benutzung ortsfester Toilettenanlagen in Unterkunfts- und Dienstgebäuden der Streitkräfte zu vereinheitlichen. Soweit noch nicht geschehen, werden die StOV angewiesen, unverzüglich die im Folgenden geforderten Standarts herzustellen.
Diese Vorschrift ist nicht anzuwenden für den Bereich des Gefechtsdienstes ( siehe ZDV 3/11, Kapitel Leben im Felde) sowie für Behelfsunterkünfte auf von NATO- Partnern mitgenutzten Truppenübungsplätzen (Örtliche Bestimmungen der Kommandanturen)
102. Zur Befriedigung natürlicher Bedürfnisse Menschlichen Stoffwechsel werden in Unterkunfts- und Dienstgebäuden ortsfeste Toilettenanlagen wie folgt eingerichtet:
103 Für Soldaten der Reisekostenstufe A sowie Zivilbedienstete (m) und Beamte (m) entsprechender Vergütungs- und Besoldungsgruppen in der Ausstattungsstufe E gem. Kapitel 2 dieser Vorschrift
104 Für Soldaten der Reisekostenstufe B sowie Zivilbedienstete (m) und Beamte (m) entsprechender Vergütungs- und Besoldungsgruppen in der Ausstattungsstufe M gem. Kapitel 2 dieser Vorschrift
105 Für Soldaten der Reisekostenstufe C sowie Zivilbedienstete (m) und Beamte (m) entsprechender Vergütungs- und Besoldungsgruppen in der Ausstattungsstufe C gem. Kapitel 2 dieser Vorschrift
106 Für Soldaten (w), Zivilbedienstete (w) und Beamte (w) gelten auf deren Bedürfnisse abgestimmte Abweichungen entsprechend der Reisekostenstufen analog der Nummern 103 - 105
107 Dei Einrichtungen sind ausschließlich zu dem dafür vorgesehenen Zweck entsprechend Kapitel 3 dieser Vorschrift zu benutzen. Verstöße dagegen sind nach dem Disziplinar- bzw. Dienstrecht zu ahnden.
Kapitel 2
Die Ausstattung
201 Ortsfeste Toilettenanlagen sind grundsätzlich in Räumen des entsprechenden Unterkunfts-/ Dienstgebäudes einzurichten. das "Häuschen übern Hof" ist unzulässig.
202 In allen Ausstattungsstufen sind generell pro Anlage 2 Räume vorzusehen. In der Ausstattungsstufe E ist die Mindestforderung von 0,75 qm, in der Ausstattungsstufe M 1,16 qm und in der Ausstattungsstufe L 2,5 qm pro Benutzer vorgesehen.
203 Der Vorraum ist mit Handwaschbecken, Abfallkorb und Handtuchspender auszustatten. Die Waschbecken sind wie folgt zu wählen: Ausstattungsstufe E: Gussstahl, emailliert, weiß; Armaturen bronze; Ausstattungsstufe M: Porzellan, blau, (bei Benutzern entsprechend der Nummer 106 rosa), Armaturen vernickelt; Ausstattungsstufe L: Porzellan blau (rosa), Armaturen vergoldet.
204 Im Geschäftsraum sind Becken für die Verrichtung des sogenannten "kleinen" Geschäfts vorzusehen (Entfällt bei Benutzern entsprechend der Nummer 106)
204a) Die Becken sind fest mit der Wand zu verankern. An der Oberseite ist ein Spülwasserzulauf, an der Unterseite ein Schmutzwasserablauf anzubringen. In der Höhe sind Die Becken so zu montieren, dass ein Soldat (m) mit einer durchschnittlichen Körpergröße von 1,78 m aus 60 cm Entfernung zielgerichtet seinen Wasserstrahl einbringen kann
204b) In Ausnahmefällen ist es zulässig, statt mehrerer Einzelbecken entweder eine durchgehend halbhoch angebrachte Rinne mit leichter Seitenneigung mit einem Sammelablauf am niedrigeren Ende oder eine unmittelbar vor der Wand in den Fußboden eingelassenen Rinne mit gleichen Eigenschaften. In beiden Wand ist die dahinterliegende Wand mit geeigneten Mitteln gegen Feuchtigkeit zu isolieren. (diese ausnahmen sind nur zulässig bei Ausstattungsstufe E)
204c) Das zu verwendende Material richtet sich nach Nummer 202
205 das zweite Abteil des Geschäftsraumes dient der Feststoffentsorgung. Es ist zu unterteilen in 1 - 4 Kabinen entsprechen der Größen nach Nummer 201. Die Kabinenwände sind in Leichtbauweise, die Türen verriegelbar auszuführen. Jede Kabine ist auszustatten mit einem stuhlhohen , oben offenen, tassenförmigen Sitzbecken (Schüssel) mit zu und Ablauf entsprechen Nr. 203. Die Schüsseln sind nach oben abzuschließen mit einer Klappbaren Visiereinrichtung (Brille), bei Ausstattungsstufe L zusätzlich mit einem ebenfalls Klappbaren Deckel. Das für die Schüsseln zu verwendende Material richtet sich nach Nummer 202
205 b) Für die Brillen bzw. Deckel ist das Material wie folgt zu verwenden:
Ausstattungsstufe E: Plastik, elastisch, schwarz
Ausstattungsstufe M: Plastik, massiv, weiß
Ausstattungsstufe L: Plastik, gepolstert mit Blümchenmuster
206 An Sonderausstattung ist vorzusehen:
Für Ausstattungsstufen E und M : 1Reinigungsbürste mit Halter je Kabine
Für Ausstattungsstufe L: 1 Zeitungshalter mit jeweils aktueller Tageszeitung sowie eine Putzfrau
207 Die bisherige Verfahrensweise, Toilettenpapier in ausgehängten Abrollern bereitzustellen, hat sich im sinne des Erlasses "Wirtschaftliches Denken und Handeln im Heer" als unwirtschaftlich erwiesen. daher wird folgendes angeordnet:
207 a) In Einheiten, Dienststellen und Stäben sind Beauftragte Personen für die Verwaltung von Toilettenpapier zu bestallen. Bei Ihnen ist vom Benutzer der Toilettenanlagen vor jedem Geschäftsgang das benötigte Papier wie folgt zu empfangen:
Reisekostenstufe A: Recycling, einlagig, vier Blatt
B: Neu, zweilagig, weich, 8 Blatt
C: Neu, extra weich, dreilagig, geblümt, 12 Blatt
207 b) Es sind nur Toilettenpapierrollen mit durchgehender Paginierung aller Blätter zu verwenden. Die Ausgabe ist in einer Kladde nachzuweisen:
208 Die Wände der Toiletten und Kabinen sind wie folgt zu dekorieren:
Ausstattungsstufe E: einfarbiger, wasserfester Anstrich
M: Mustertapete nach Auswahl des
Dienststellenleiters
L: Zeitgenössische Gemälde entsprechend dem Erlass:
"Künstlerische Ausstattung von Dienstgebäuden"
Kapitel 3 - Die Benutzung ortsfester Toilettenanlagen
301. Die nachfolgende Benutzungsanweisung ist auf Soldaten der Reisekostenstufe A ausgerichtet. In den anderen Reisekostenstufen ist sie analog anzuwenden. Auf Unterschiede in Verfahrensweisen wird jeweils hingewiesen.
302. Die Disziplinarvorgesetzten in allen Führungsebenen haben durch ausführliche Unterrichtung, drillmäsige Ausbildung und laufende Kontrolle für die Durchsetzung dieser Vorschrift Sorge zu tragen.
303. Beamte und Zivilbedienstete sind gehalten, sich sinngemäß nach dieser Vorschrift zu richten. Ungediente beamte und Zivilbedienstete sind nach Nummer 302 entsprechend auszubilden.
304. Fühlt ein Soldat das Bedürfnis, eine Toilette aufzusuchen, so meldet er sich bei seinem zuständigen Führer (außerhalb der Regeldienstzeit beim FvW / Reisekostenstufe B und C beim OffzFü) ab. Er empfängt beim zuständigen VersDstUffz/VersFw/TvB (außerhalb der Regeldienstzeit UvD bzw OvWa) ein Formblatt "Antrag auf Toilettenbenutzung 3-fach" und füllt dieses nach Art des beabsichtigten Geschäfts und Dringlichkeit vollständig aus.
305 Er legt das ausgefüllte Formblatt dem KpFw (Reisekostenstufe B und C dem Disziplinarvorgesetzten bzw. dem Chef des Stabes) vor. (Außerhalb der Regeldienstzeit FvW bzw. OffzFü) Dieser entscheidet nach eingehender Prüfung der Dringlichkeit, zeichnet das Formular im Feld g ab und legt die 1. Ausfertigung in der Ablage ab.
306. Der Soldat meldet sich mit 2. und 3. Ausfertigung des Formblattes bei der für die Verwaltung von Toilettenpapier zuständigen Person. Diese teilt bei Bedarf Toilettenpapier entsprechend der Nummer 207 a) zu, trägt die fortlaufenden Blattnummern des ausgegebenen Toilettenpapiers in Feld P1 des Formulars ein und zeichnet im Feld P ab. Sie legt die 2. Ausfertigung des Formulars als Buchungsbeleg ab.
307. der Soldat begibt sich mit der 3.Ausfertigung des Formulars sowie dem ggf. empfangenen Toilettenpapier zur Toilette
308 . Verrichtet der Soldat nur ein "kleines Geschäft", so tritt er auf 60 cm an die dafür vorgesehene Vorrichtung gem Nummer 204 heran und nimmt Grundstellung entsprechend ZDv 3/2 ein.
309. Er öffnet mit der rechten Hand den Hosenschlitz und spreizt diesen mit den Fingern der linken Hand. Danach entnimmt er mit der rechten sein Geschlechtsteil dem Futteral und hält es mit verdrehter Hand von oben.
310. Er zielt sorgfältig auf das Becken (s. Schießausbildung/ Visierlehre/ Schießrhytmus , ZDv 3/12) Hat er das Ziel aufgefasst, meldet er laut "Wasser Marsch" und gibt das Ventil frei. Der Abstrahldruck darf nicht mehr als 0.8 bar betragen, der Strahl ist im Winkel von 30 Grad schräg abwärts einzubringen. Spritzen ist zu vermeiden.
311. Ist das Geschäft beendet, so meldet er laut "Wasser halt". Durch schüttelnde Bewegung sind die dem Teekanneneffekt zuzuordnenden Resttropfen abzustreifen. Das einpacken geschieht in umgekehrter Reihenfolge analog der Nummer 309.
312. er bestätigt mit dem Daumen der rechten Hand die Spülvorichtung.(Entfällt bei automatischer Spülung in den Ausstattungsstufen M und L)
313. Der Soldat meldet " Geschäft beendet. Sicherheit vorhanden". Danach macht er eine vorschriftsmäßige Kehrtwendung gem. ZDv 3/2 und verlässt vorwärts das Lokal.
314. Die weiteren Tätigkeiten richten sich nach Nummer 325 ff.
315. Erhält der Soldat den Zuschlag für eine Kabine zur Verrichtung des "Grossen Geschäfts" , so betritt er diese vorwärts und nimmt vor der Schüssel Grundstellung gem. ZDv 3/2 ein.
316. Er überzeugt sich zunächst vom Reinigungszustand und der Sicherheit der Einrichtung sowie vom Ladezustand der Spüleinrichtung und meldet kaut: " Toilette gereinigt und gelüftet. Wasser vorhanden, Sicherheit vorhanden."
317. Danach macht er eine Kehrtwendung gem. ZDv 3/2 und schließt und verriegelt die Kabinentür mit der rechten Hand.
318. Er öffnet mit beiden Händen das Koppel(Gürtel)-Schloß, hält mit der linken die Hose am Bund und knöpft dieselbe mit der rechten auf. Danach fasst er mit beiden Händen Hose und Unterhose am Bund links und rechts in Höhe des Hüftknochens und lässt beide zusammen bis auf die Höhe der Knie herunter.. Danach nimmt er selbständig die Stellung "Rührt Euch" gem. ZDv 3/2 ein und hält so Hose und Unterhose mit gespreizten Unterschenkeln in dieser Stellung.
319. Der Soldat setzt sich nach hinten ab, bis beide Gesäßbacken deutlich hörbar in die Brille einrasten. und beginnt unverzüglich mit der Verrichtung des Geschäfts unter Anhalten der Atemluft bei gleichzeitiger mäßiger Anspannung der Unterbauchmuskulatur und Entspannung des Schließmuskels.
319 a) Während der Verrichtung sitzt der Soldat still, der Blick geht frei gerade aus, die Hände sind auf die Oberschenkel gelegt.
319 b) Während der Verrichtung ist es dem Soldaten verboten, zu Essen, zu Trinken, zu Rauchen, Radio oder Musikkonserven zu hören, fernzusehen, sich zu unterhalten, die Kabine zu verlassen, den Anzug zu verändern, schmutzige Lieder abzusingen, die Kabinenwände zu beschreiben oder zu bemalen oder Geschenke anzunehmen.
320. Arbeitsstudien haben ergeben, dass für diesen Teil des Geschäfts eine Zeitvorgabe von maximal 5 Minuten vorzusehen sind, da sonst die Gefahr der Vergiftung an den eigenen Abgasen besteht. Im Rahmen der drillmäsigen Ausbildung ist insbesondere auf die Einhaltung dieser Zeitvorgabe hinzuwirken.
321. Nach Beendigung der Defäktierung reinigt der Soldat seine Gesäßfalte mit der zugeteilten Ration an Toilettenpapier. Die Benutzung der rechten bzw. linken Hand ist hier freigestellt.
322. Danach erfolgt die Herstellung des ursprünglichen Bekleidungszustandes in umgekehrter Reihenfolge sinngemäß entsprechend der Nummern 318-319
323. Nach einer erneuten Kehrtwendung betätigt der Soldat die Spülung und überzeugt sich von der restlosen Entfernung seiner Hinterlassenschaft.
324. Ggf. reinigt er die Schüssel mir der rechten Hand unter Zuhilfenahme der Reinigungsbürste der Zusatzausstattung gem. Nr. 206. Er meldet laut " Toilette gereinigt, alter Zustand hergestellt, Sicherheit vorhanden" (diese Tätigkeit entfällt bei Toilettenbenutzern der Reiskostenstufe C , Ausstattungsstufe L. Hier wird abweichend folgendes Angeordnet: Nach Ausführung der Tätigkeiten der Nummer 325 -326 und nach Rückmeldung des Soldaten beim diensthabenden Kontrollbefugten ist durch diesen die Putzfrau für die Tätigkeiten der Nummer 324 einzusetzen.)
325. nach einer weiteren Kehrtwendung entriegelt und öffnet der Soldat die Kabinentür und verlässt diese vorwärts.
326. Im Vorraum der Toilette tritt der Soldat ans Waschbecken und reinigt zunächst die Hände unter Zuhilfenahme von Wasser und Flüssigseife und trocknet sie anschließend sorgfältig ab. danach füllt er die 3. Ausfertigung des Formblattes " Antrag auf Toilettenbenutzung" in den Feldern "Benutzer", "Tätigkeitsbericht" und ggf. im Feld "Beanstandungen /Schadensbericht" vollständig aus und meldet sich mit diesem beim UvD (OvWa/OffzFü) zurück.
327. Der zuständige Diensthabende kontrolliert unverzüglich die benutzte Einrichtung auf Reinigungs- und Sicherheitszustand und lässt sie ggf. nachreinigen. danach zeichnet er die 3. Ausfertigung des Formblattes im Feld D ab und legt diese im Ordner "Erledigte Vorgänge" ab.
327a) Die Formblätter sind von Diensthabenden zu Diensthabenden zu übergeben, monatsweise zu bündeln und nach einer Aufbewahrungszeit von einem Jahr gem. ZDv 2/30 zu vernichten.
328. Während der Regeldienstzeit meldet sich der Soldat unverzüglich bei seinem zuständigen Führer zurück.
Ende
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