Wie erkennt man die soldatische Neurose

1. Wie erkennt man die soldatischen Neurose.

Generell setzt der richtige Umgang mit Neurosen aller Art zunächst einmal diagnostische Fähigkeiten voraus. Dies gilt sowohl für das Erkennen des Defektes an sich, als auch, in der zweiten Stufe, seine Einordnung in eine vorgegebene Reihe von Kategorien. Letzteres ist, wie man sehen wird, für die Behandlung völlig ohne Bedeutung, ist aber eine Frage des Ordnungsprinzips.

Die Diagnose ist bisweilen schwierig und setzt vor allem gründliche Beobachtung voraus. Eine vollständige Übersicht über abweichende Verhaltensmuster zu geben, aus denen auf die Existenz einer Neurose zu schließen wäre, ist unmöglich und würde selbst den Rahmen eines Lehrbuches sprengen. Insofern soll die nachfolgende tabellarische Aufstellung auch nur ein Anhalt für die Problematik der Diagnostik soldatischer Neurosen darstellen.

Intuition des Beobachtenden und empirische Vergleiche werden immer vonnöten sein, um Verdachtsmomente zu erhärten oder zu entkräften.

Zu beobachtendes Verhalten: Schlussfolgerung

Ein Gefreiter (Stabsdienstsoldat, 20) sitzt am Schreibtisch und starrt stundenlang bewegungslos aus dem Fenster. Ein heimlich angeschlossener Elektro-Encephallograph (EEG) zeigt keinerlei Gehirntätigkeit an. Keine Neurose!
der Soldat ist jung verheiratet, und seine Frau überfordert ihn permanent.

Ein Stabsunteroffizier(22), sitzt am Schreibtisch und starrt stundenlang bewegungslos aus dem Fenster. Ein heimlich angeschlossener Elektro-Encephallograph (EEG) zeigt keinerlei Gehirntätigkeit an. Keine Neurose!
Der Soldat wartet auf Aufträge.

Ein Feldwebel (24) sitzt am Schreibtisch und starrt stundenlang bewegungslos aus dem Fenster. Ein heimlich angeschlossener Elektro-Encephallograph (EEG) zeigt keinerlei Gehirntätigkeit an. Keine Neurose!
Der Soldat hat sich um Zulassung zu Laufbahn der Offiziere des Militärfachlichen Dienstes beworben und bereitet sich auf seine Eignungsprüfung vor.

Ein Oberfeldwebel (30) sitzt am Schreibtisch und starrt stundenlang bewegungslos aus dem Fenster. Ein heimlich angeschlossener Elektro-Encephallograph (EEG) zeigt keinerlei Gehirntätigkeit an. Hochgradige Neurose!
Jeder Soldat, dessen Dienstgradbezeichnung mit "Ober" anfängt (s. auch Obergefreiter, Oberleutnant, Oberstleutnant, Oberst), hält sich normalerweise für das Rückgrat der Armee und verfällt in blinden Aktionismus. Das geschilderte Verhaltensmuster ist also atypisch und somit verdächtig.

Ein Stabsfeldwebel(50) sitzt am Schreibtisch und starrt stundenlang bewegungslos aus dem Fenster. Ein heimlich angeschlossener Elektro-Encephallograph (EEG) zeigt keinerlei Gehirntätigkeit an. Keine Neurose!
Der Soldat geht seiner angestammten (und dienstpostenbezogenen) Tätigkeit nach.

Ein Stabsoffizier im Brigadestab (50) sitzt am Schreibtisch und starrt stundenlang bewegungslos aus dem Fenster. Ein heimlich angeschlossener Elektro-Encephallograph (EEG) zeigt keinerlei Gehirntätigkeit an. Keine Neurose!
Der Soldat ist vor sechs Wochen im Dienst verstorben und bisher hat es niemand bemerkt.

Ein Hauptfeldwebel (Kompaniefeldwebel, 46) hält sich für den lieben Gott Keine Neurose!
Der Soldat ist der liebe Gott

Ein General (55) hält sich für den lieben Gott Hochgradige Neurose!
Der Soldat leidet unter krankhafter Selbstüberschätzung. Vermutlich wäre er lieber Hauptfeldwebel geworden.

Ein Hauptmann (35), Dienststellenleiter, mischt sich ungefragt überall ein und beteiligt sich, ohne zu wissen, worum es geht, an fünf Gesprächen gleichzeitig, Starke Neurose!
der Soldat glaubt entweder:
- ohne ihn geht gar nichts, oder
- ohne ihn geht alles, nur darf das niemand merken.

Ein Obergefreiter bietet einem Major das Du an. Keine Neurose!
Der Soldat fühlt sich ob seines herausgehobenen Dienstgrades verpflichtet, leutselig gegenüber dem gemeinen Volk zu sein.

Ein Major bietet einem Obergefreiten das Du an Mäßige Neurose!
Der Soldat fühlt sich unter Seinesgleichen unverstanden und ist aus Kummer darüber sturzbetrunken.

Ein Stabsfeldwebel a.D. schreibt ein Buch über soldatische Neurosen. Hochgradige Neurose!
der Soldat a.D. befindet sich jedoch auf dem Wege der Besserung, ist er doch im Begriff, seine unbewältigte Vergangenheit aufzuarbeiten.

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Zu beobachtendes Verhalten:	Schlussfolgerung
Ein Gefreiter (Stabsdienstsoldat, 20) sitzt am Schreibtisch und starrt stundenlang bewegungslos aus dem Fenster. Ein heimlich angeschlossener Elektro-Encephallograph (EEG) zeigt keinerlei Gehirntätigkeit an.	Keine Neurose! der Soldat ist jung verheiratet, und seine Frau überfordert ihn permanent.
Ein Stabsunteroffizier(22), sitzt am Schreibtisch und starrt stundenlang bewegungslos aus dem Fenster. Ein heimlich angeschlossener Elektro-Encephallograph (EEG) zeigt keinerlei Gehirntätigkeit an.	Keine Neurose! Der Soldat wartet auf Aufträge.
Ein Feldwebel (24) sitzt am Schreibtisch und starrt stundenlang bewegungslos aus dem Fenster. Ein heimlich angeschlossener Elektro-Encephallograph (EEG) zeigt keinerlei Gehirntätigkeit an.	Keine Neurose! Der Soldat hat sich um Zulassung zu Laufbahn der Offiziere des Militärfachlichen Dienstes beworben und bereitet sich auf seine Eignungsprüfung vor.
Ein Oberfeldwebel (30) sitzt am Schreibtisch und starrt stundenlang bewegungslos aus dem Fenster. Ein heimlich angeschlossener Elektro-Encephallograph (EEG) zeigt keinerlei Gehirntätigkeit an.	Hochgradige Neurose! Jeder Soldat, dessen Dienstgradbezeichnung mit "Ober" anfängt (s. auch Obergefreiter, Oberleutnant, Oberstleutnant, Oberst), hält sich normalerweise für das Rückgrat der Armee und verfällt in blinden Aktionismus. Das geschilderte Verhaltensmuster ist also atypisch und somit verdächtig.
Ein Stabsfeldwebel(50) sitzt am Schreibtisch und starrt stundenlang bewegungslos aus dem Fenster. Ein heimlich angeschlossener Elektro-Encephallograph (EEG) zeigt keinerlei Gehirntätigkeit an.	Keine Neurose! Der Soldat geht seiner angestammten (und dienstpostenbezogenen) Tätigkeit nach.
Ein Stabsoffizier im Brigadestab (50) sitzt am Schreibtisch und starrt stundenlang bewegungslos aus dem Fenster. Ein heimlich angeschlossener Elektro-Encephallograph (EEG) zeigt keinerlei Gehirntätigkeit an.	Keine Neurose! Der Soldat ist vor sechs Wochen im Dienst verstorben und bisher hat es niemand bemerkt.
Ein Hauptfeldwebel (Kompaniefeldwebel, 46) hält sich für den lieben Gott	Keine Neurose! Der Soldat ist der liebe Gott
Ein General (55) hält sich für den lieben Gott	Hochgradige Neurose! Der Soldat leidet unter krankhafter Selbstüberschätzung. Vermutlich wäre er lieber Hauptfeldwebel geworden.
Ein Hauptmann (35), Dienststellenleiter, mischt sich ungefragt überall ein und beteiligt sich, ohne zu wissen, worum es geht, an fünf Gesprächen gleichzeitig,	Starke Neurose! der Soldat glaubt entweder: - ohne ihn geht gar nichts, oder - ohne ihn geht alles, nur darf das niemand merken.
Ein Obergefreiter bietet einem Major das Du an.	Keine Neurose! Der Soldat fühlt sich ob seines herausgehobenen Dienstgrades verpflichtet, leutselig gegenüber dem gemeinen Volk zu sein.
Ein Major bietet einem Obergefreiten das Du an	Mäßige Neurose! Der Soldat fühlt sich unter Seinesgleichen unverstanden und ist aus Kummer darüber sturzbetrunken.
Ein Stabsfeldwebel a.D. schreibt ein Buch über soldatische Neurosen.	Hochgradige Neurose! der Soldat a.D. befindet sich jedoch auf dem Wege der Besserung, ist er doch im Begriff, seine unbewältigte Vergangenheit aufzuarbeiten.